„Malin,“ sagte der Opa, während er seiner Enkelin den Mantel abnahm und ihn an den Garderobenhaken hängte. „Was möchtest du jetzt machen?“ Die Kleine schaute den Opa ein wenig fragend an. Dann stemmte sie die linke Hand in die Seite, wie sie es immer tat, wenn sie etwas, das sie sagte unterstreichen wollte. „ Aber Opa, malen natürlich, es ist doch bald Weihnachten und ich muss die Geschenke noch machen“, sagte Malin, während sie schnurstracks ins Esszimmer lief. „Aber wollen wir zusammen nicht zuerst noch einen Kakao trinken“ fragte der Großvater. Malin blieb kurz unter der Türe stehen, überlegte und entgegnete dann, „dafür habe ich jetzt überhaupt keine Zeit.“ Der Opa lächelte und folgte seiner Enkelin ins Esszimmer. Da war der größte Tisch und auch der beste Platz um sich mit den Malutensilien auszubreiten und der Weg ins Bad, um die kleinen Fingerchen endgültig sauber zu bekommen, war auch nicht so weit.
Der Großvater war natürlich auf alles vorbereitet, was so ein Malnachmittag zusammen mit seiner Enkelin mit sich bringen würde. In den letzen Tagen hatte er noch schnell ein paar Ersatz Fingerfarben besorgt, denn einige der Töpfchen waren bereits schon leer gemalt gewesen. Dann begann er ein riesiges Stück Packpapier auf dem Tisch auszubreiten, legte ein paar Papiertücher daneben und stellte die Döschen mit den Fingerfarben dazu. Er hatte sie vorsorglich schon bevor Malin gekommen war bei sich im Büro aus dem Schrank genommen. Er kannte ja die Kleine, die wäre bestimmt in seinem Büro gleich an alle Schränke gelaufen und hätte nach den Farben gesucht.
Währenddessen zog Malin sich schon mal den Stuhl näher an den Tisch und streifte die Malschürze über den Kopf, die der Opa für sie bereit gelegt hatte. „Opa, wann fangen wir endlich an, rief sie hinter ihm her, als er gerade im Badezimmer mit einer Schüssel verschwunden war. Er wollte nur eben mal noch Wasser holen, um das Nötigste abwaschen zu können, wenn die Künstlerin sich in ihre Arbeit vertiefte. Es gefiel ihm wie sie sich immer gerne mit Malen beschäftigte. Man musste gestehen die Kunstwerke die dabei entstanden waren schon etwas besonderes. Und einige hingen bereits bei Opa an der Wand.
Während der Großvater die Schüssel mit dem Wasser auf den Tisch stellte, sah ihn Malin nachdenklich an. Dann fragte sie, „wollen wir jetzt noch einen Kakao zusammen trinken“? „Na klar“,entgegnete ihr Opa. Er wußte es, er kannte sie doch viel zu gut, genug um zu wissen, dass das sonst übliche Zeremoniell unbedingt eingehalten werden musste. Immer wenn Malin zum Malen zu ihrem Opa kam, gab es einen feinen Kakao. Im Winter mit ein klein wenig Sahne und im Sommer mit etwas Eis. Das hatte sich schon so richtig eingebürgert. Doch zuvor musste alles vorbereitet werden, damit die Kleine Künstlerin so schnell wie es nur ging mit ihrer Arbeit beginnen konnte. Aber natürlich , das leuchtete doch dem Opa ein, zuerst musste alles auf dem richtigen Platz stehen und dann hatten sie beide erst die Zeit zusammen den leckeren Kakao zu genießen.
Die Kleine rannte in die Küche, und Opa folgte ihr. Er hatte ein wenig vorgearbeitet und das leckere Getränkt schon hergerichtet. Malins Papa hatte seine Tochter am frühen Nachmittag gebracht. „Die Mama ist krank“, erklärte die Kleine dem Opa „und muss heute schlafen“. „Ja, das ist gut für die Mama“ entgegnete der Großvater, während er in der Küche den Kakao in die Tassen goß.
Beide waren ganz mit ihrem Getränk beschäftigt, als das Telefon läutete. „ Ich komme gleich wieder“, sagte der Opa, und ging in sein Büro . Kurz danach betrat er wieder die Küche und setze sich zu Malin auf die Eckbank. „Wer war das?“ fragte die Kleine,“ der Papa“, entgegnete Opa, „er wollte nur sagen, dass er dich heute nicht abholen kann“. „ Dann bringst du mich nach Hause“, jubelte die Kleine. „ Ja klar, das mache ich“, setze der Opa noch nach . „ Dann musst du jetzt aber schnell austrinken und wir müssen Malen gehen, sonst werde ich nicht fertig.“ Bei den letzten Worten, lies sie ihre Tasse stehen und rannte ins Esszimmer.
Der Versuch eins der Töpfchen zu öffnen misslang der Kleinen. „Opa, Opa, hilf mir“! rief sie in den Flur zurück. „Ja, ich komme gleich!“ Der Großvater war nur noch in seinem Büro vorbei gegangen um die Leinwand für Kinder die er extra neu besorgt hatte, zu holen.
Dann war es endlich soweit. Beide der Großvater und Malin saßen einträchtig am Tisch, und Malin begann geschickt mit den kleinen Händen, die Farben aus den Töpfchen zu nehmen , die der Opa inzwischen geöffnet hätten. Es war still im Zimmer. Es ist geradezu eine Freude, Malin zuzusehen, dachte der Großvater. Sie ist so geschickt und konzentriert bei ihrer Arbeit. Auch war es wundervoll zu sehen mit welch einer Genauigkeit sie die Farben auswählte. Man konnte sehen wie wunderbar sie miteinander harmonierten.
Der Großvater saß dabei beobachtete hin und wieder wie Malin eine Farbe nach der anderen auf ihre Leinwand auftrug. Nebenbei konnte er den ein und anderen wichtigen Artikel in seinen Zeitungen lesen. Aber der Kleinen zuzusehen faszinierte ihn viel mehr, als das Geschen in der Welt.
Wieviel Zeit inzwischen vergangen war hatten beide nicht bemerkt. Plötzlich rief die Kleine „Fertig!“ Beide betrachteten das Bild, das Malin gemalt hatte. Es war wunderschön geworden. Der Großvater lobte Malin sehr. Dann sagte er, „wollen wir es schon mal hier aufhängen, dass es noch richtig trocknen kann. Dann mache ich noch ein wenig Firnis darauf, dass das Bild nicht feucht wird und die schönen Farben lange halten.“ „Ok!“ sagte Malin, und ging schon in Richtung Badezimmer um die kleinen bunt verschmierten Händchen abzuwaschen. „Bringst du mich jetzt nach Hause“, fragte sie während sie ihre Hände in einem Knäuel von Handtuch trocknete. „Ja, das mache ich, aber zuerst trinken wir beide noch den Kakao zu Ende. Ich habe noch ein bisschen warmen dazu gegeben. Und dann fahren wir zu der Mama nach Hause.“
„Aber jetzt wünsche ich mir, dass wir zusammen dein schönes Bild noch mal in Ruhe ansehen,“ sagte der Opa und nahm seine kleine Malin an der Hand. Und dann standen sie beide lange vor dem schönen Bild und schauten es sich an. Und wenn man ganz leise war, konnte man ein wenig von der Advents- und Weihnachtsstimmung in der Stille des Zimmers erahnen.