Das ist unserer Gartenhütte
Es gibt Augenblicke im Leben, da wird eine Alltagssituation zu einer ungeheueren Herausforderung. Besonders dann, wenn eine Freundschaft durch das Unverständnis eines der Beteiligten das Ende einer Freundschaft bedeutet. Plötzlich werden Grenzen und Argumente aufgezeigt, die nicht nachvollziehbar sind und am Ende eines bösartigen Telefonats ein unversöhnliches Gesprächs zurück bleibt. Mit dieser Begebenheit die ich hier wiedergebe, greife ich das Thema nochmal auf, nicht ohne damit den Versuch zu unternehmen, dass unser Freund, wenn er jemals die Aufzeichnung lesen wird, die Notwendigkeit unseres Handelns verstehen kann. Ich wünsche mir, dass der Leser versteht, dass ich die eigentliche Gesprächssituation und die unschöne Konversation hier nicht wiedergebe, da ich unseren Freund nicht kompromittieren möchte. Viel wichtiger ist es, dass keiner der Beteiligten zu Schaden gekommen ist, und am Ende die aus der Notwendigkeit heraus entstandene Neugestaltung des Gartens sehr schön geworden ist. Der nachfolgende Text wird sicherlich den ein und anderen beim Lesen in Anlehnung an Bibelzitate erinnern. Das ist gewollt. Denn das Geschehen hat sich zwischen uns und dem sehr belesen Freund abgespielt und er ist von Berufswegen sehr stark in der Theologie bewandert.
Und plötzlich waren da die Menge der Freunde und Nachbarn, die lobten den Menschen ob des guten Willens, die Gefahr, welche von der Hütte ausging, beseitigt zu haben.
Aber einer der Freunde war plötzlich nicht mehr so in Freuden ob der abgerissenen Hütte.
Er war ein Spielverderber und Nörgler vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang. Er neidete dem Besitzer die baufällige Hütte.
Wenn er sie nicht abgerissen hätte, wäre sie ohne Motorsäge und Axt dem Meckerer über der Kaffeetasse sitzend auf sein Haupt gefallen und hätte ihn verletzt oder gar erschlagen...was Gott bewahre nicht geschehen durfte.
So steht es nun auch geschrieben und festgehalten für alle Zeiten… Und eine gähnende Leere wird alles überdauern und es wird nichts mehr so sein, wie sie zuvor war.
Es war Dezember. Eigentlich der Monat und eine Jahreszeit, in der man nicht allzu viel im Freien, oder gar im Garten zu tun haben möchte. Schließlich steht der Winter vor der Türe, und da muss man mehr als einem lieb ist mit einer schlecht Wetter Periode rechnen. Lagenlook, Handschuhe, Mütze, Schal und ein warmes Getränk sind gefragt. So auch in unserem Fall. Es war ein frostiger Tag, an dem Jürgen die Idee hatte, die Gartenhütte endlich zu entfernen, bevor sie jetzt noch irgend Etwas oder gar eine Person schädigen könnte. Im eigentlichen Sinne war es eine Laube und keine Hütte. Nur wir nannten sie gelegentlich Hütte. Die gesamte Konstruktion hatte in der vergangenen Nacht sich beunruhigend stark unter dem dichten Blauregen zu Seite geneigt. Dass dies eine Laube gewesen sein sollte, konnte man zwischenzeitlich nur noch erahnen. So wie es aussah, war dieser Blauregen der mit seinen dicken Ästen sich weit ins Dach hinein eingewachsen hatte, wohl der einzige Halt der das Laubengebilde noch zusammenhielt und es nicht endgültig dem Erdboden gleichmachte.
Schade war es schon, um dieses herrlich Idyllische Fleckchen, denn wir hatten immer gerne dort gesessen, gefeiert, Café getrunken und auch manche handwerklichen Besonderheiten an diesem großen Tisch gemacht. Auch die ein und andere Steuererklärung durfte sich unter dem Blattgrün aufhalten, während wir Stunde um Stunde versuchten die Zahlen und Belege zusammen zu bringen und sie fein säuberlich in das große Buch fürs Finanzamt einzutragen.
Und jetzt war es so weit! Jürgen hatte sich bereits, mit verschiedenem Werkzeug dicken Schutzhandschuhen bewaffnet daran gemacht die ersten Sparren, Balken und einen Teil der Zweige zu entfernen. Unangenehm war die Abdeckung über den Balken. Dort hatte sich vieles Kriechgetier, Stechmücken und andere Naturbewohner angesiedelt. Es war ein idealer Unterschlupf. Selbst Hinterlassenschaften von Mäusen und mehrere leere Vogelnester kamen bei der Aktion zum Vorschein. Und danach! Mittlerweile war es kein Garten mehr, sondern ein Platz der Entrümplung, dazu war der Winter eingekehrt und es sah zum Fürchten aus.
Aber bis es Frühling wird erstrahlt der Garten in neuem Glanz, so unsere Antwort, wenn sich mal der Nachbar oder sonst eine Bekannte Person, oder gar die Familie bedauernd darüber äußerten. In dieser Situation kam es zu diesem verhängnisvollen Telefonat unseres Freundes. Wie ich oben schon erwähnt habe war er von Haus aus ein Meckerer und Nörgler wie es im Buche steht. Ihm konnte man grundsätzlich nichts recht machen und alle handwerklichen Fähigkeiten die man nun mal in einem Haus oder Garten verrichten muss, fehlten ihm. Selbst in Gedanken waren für ihn dreierlei Arbeiten nicht nach vollziehbar. Er ist und war schon immer ein Bücherwurm und ein Buchstabenzähler, wie ich ihn scherzhaft manchmal nannte, wenn er wieder einen neuen Text geschrieben hatte. Während nun die ersten Abrissarbeiten gemacht waren, führten wir zusammen eins unserer Telefongespräche. Dabei erzählte ich was sich inzwischen im Garten so ergeben hatte. Es folgte ein langes Schweigen und darauf ein nicht erwartete Redeschwall zu dieser Aktion. Leider war die Wortwahl sehr Extra und die Wut in die sich unser Freund während dem Gespräch immer weiter hineinredete so ausfallend, das ich keine Möglichkeit mehr hatte ihn, auch nur annähernd zu beruhigen. Mein Versuch das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken scheiterte kläglich. So blieb mir nur noch mit ein paar neuen beschwichtigten Worten das Telefonat abzubrechen. Wenige Tage danach als ich glaubte die Wogen hätten sich gelegt startete ich erneut einen Versuch am Telefon nochmal darüber zu reden und eine Einigung zu finden. Doch weit gefehlt. Wir gingen unversöhnlich auseinander und leider waren zukünftige Gespräche nicht mehr auf freundschaftlicher Ebene.
Nach diesem Erlebnis wurde unsere Beziehung nie mehr so wie sie ursprünglich war. Nichts desto trotz irgendwie musste es ja im Garten weiter gehen und die noch kleineren Arbeiten vor dem ersten Schnee standen an. Zunächst mussten die Natursteinplatten, die unter der Hütte als Bodenbelag waren vorsichtig entfernt werden. In der Ecke des Gartens auf einen großen Haufen gestapelten und mit einer dicken Plane zugedeckt, dass sie nicht zerbrechen konnten wurden sie bis zur Wiederverwendung aufbewahrt. Zu einem späteren Zeitpunkt sollten sie neu als Sitzplatz in den Garten integriert werden. Doch bis dahin floss noch mancher Wassertropfen den Rhein hinunter. In den nächsten Wochen konnte nichts weiter gemacht werden. Der Winter hatte alles fest im Griff. Nur die alten Holzteile, die Stühle der Tisch und sonstiges auch nicht mehr brauchbares Gerümpel wurden ver- oder entsorgt, je nachdem, ob es noch gebraucht, repariert oder einem anderen Zweck zugeführt werden konnte. Und jetzt hieß es warten.
Endlich begann es draußen wieder wärmer zu werden, die Sauwetterlage hatte uns verlassen und unsere „Bauarbeiten“ im Garten konnten weitergehen.
Vor dem Wintergarten wurde der Platz geräumt dann Kies auf den Boden ausgebracht, darauf als Provisorium die einigermaßen erhaltenen übriggebliebene Bretter verlegt, so dass bis endlich die Natursteinfliesen zum Einsatz kommen, man es sich auch hier gemütlich machen konnte. Es fehlte uns für die Verlegearbeiten der Natursteine noch ein Fachmann, denn das sollte später auch wirklich frostsicher und professionell gearbeitet sein. Bis dann die Steine aus der alten Laube ihren endgültigen Platz bekommen gingen noch viele Tage, ja sogar ein ganzes Jahr ins Land. Erst im zweiten Sommer seit dem Abriss wurden endgültig die Steine aus der ehemaligen Laube für den neuen Sitzplatz verlegt. Zum Glück hielt das aus Holz gebastelte Plätzchen so lange.
Nun begannen die Arbeiten im hinteren Bereich. Dort, wo zuvor die Hütte stand, musste der alte morsche Baumstumpf ausgegraben, verschiedene andere wuchernde Pflanzen und Steine die sich dort angesammelt hatten weggeräumt werden und die Rosen brauchten einen neuen Platz. Dann hieß es Erde aufschütten einebnen und nun konnte der Neubepflanzung nichts mehr im Wege stehen.
Mein Besuch in der Baumschule war, wie könnte es anders sein, von Erfolg gekrönt. Nur was man meist in so einem Falle nicht bedenkt, wie es einem geht, wenn man die Qual der Wahl hat, dazu einen Sack voll Ideen mitbringt, am liebsten den gesamten Gartencenter leerkaufen möchte, und die warnenden Worte des Fachpersonals überhört, sogar teilweise ignoriert und mit besserwisserischer Meinung unbedingt seine eigenen Vorstellungen durchsetzen möchte. Doch ich war der festen Überzeugung, dass in wenigen Wochen mein neues Fleckchen in den herrlichsten Farben erstrahlen und mein Garten eine großartige Vielfalt erhalten wird. Was dabei wohl keiner berücksichtigt, dass man zu Hause nicht eben mal einen Gartencenter oder gar eine Baumschule eröffnen kann. Bei der Pflanzenauswahl spielt der Bruchteil des kleinen Gartenstücks das man sein Eigen nennt eine wichtige Rolle. So verbringt man Stunde um Stunde bei der Suche, der Auswahl und der Planung. Irgend wann war der Korb gefüllt, das Stück Papier mit der Zeichnung wo am Beste welche Pflanze stehen sollten fertig, dann ging es ans bezahlen und schnell nach Hause um möglichst noch die ein und andere Schönheit an ihren neuen Platz zu setzen. Heute, nachdem ich die damaligen Notizen des Geschehens niederschreibe, ist mir vieles klar und ich möchte gedanklich bei der liebenswerten Gärtnerin, die mich auf alle anfallenden Probleme und die zu große Menge der Bepflanzung hingewiesen hatte, Abbitte leisten. Sie wusste selbstverständlich wovon sie sprach, aber die etwas renitente Käuferin, nämlich ich, wollte nicht hören. Heute nachdem so viele Jahre vergangen sind, muss ich immer wieder feststellen, auch ich habe damals nicht auf die Fachkraft gehört, habe eingekauft wie ein Weltmeister als ob ich mehrere Hektar Landbesitz mein eigen nenne und bepflanzen müsste.
Das schöne daran, trotz überfülltem Einkaufskorb nahm der Garten Gestalt an. Nach und nach bemerkte ich, dass, das ein und andere Pflänzchen schon zu Beginn ein wenig Platzprobleme bekam. Aber zum Glück vor dem Haus gab es auch noch Gartenboden und die Pflanzen die im hinteren Teil nicht unterkommen konnten, wurden kurzerhand in einen riesigen Blumentopf gepflanzt und vors Haus gestellt.
Wenige Wochen, waren seit der Neubepflanzung vergangen, es war bereits Frühsommer, Die Sonne und mancher Regen der des Nachts den Garten wässerte tat sein Übriges. Es begann an allen Ecken und Enden zu blühen und zu duften.
Dann konnte die Arbeit weitergehen. Wie schon oben erwähnt mit dem Sitzplatz aus unseren Natursteinen mussten wir uns gedulden. Aber wichtig war wir konnten schon den vorhergesehene Platz nutzen. Es war ein schöner Sommer und die Pflanzen wuchsen üppig an und dann war es endlich soweit. Im nächsten Frühling wurden die Platten aus dem Versteck geholt und es konnte begonnen werden. Zwischenzeitlich war ein Fachmann gefunden, der noch kurz vor seinem Urlaub die Natursteine verlegte. Es dauerte einige Tage bis endlich die Platten eingeschwemmt werden konnten. Danach durfte man vierundzwanzig Stunden den Bereich nicht betreten. Wer aber nun stolzer Besitzer einer Katze ist, sollte solche Arbeiten nicht vorhaben. Schon während hier gebuddelt und verlegt und gewässert wurde, saß Oscar nahe am Geschehen verfolgte alles genau, schließlich war er ja der Capo und war auch einer der ersten der das Areal gründlich unter die Lupe nahm. Allerdings die Vorgabe den Bereich 24 Stunden. nicht zu betreten ignorierte Oscar. Sorglos, aufrecht wie ein König in seinem Reich, so richtig nach Katzenart setzte er sich genau in die Mitte des Platzes. Damit wollte er demonstrieren Vorschriften und verbale Schimpfworte können ihn nicht von seinem Tun abhalten und gelten für ihn nunmal nicht. Schliesslich sei er der Herr im Hause und würde für sich entscheiden wer, wann und was er tun darf und wo er sich aufhalten oder hinsetzen möchte.
Endlich war der neue Sonnenplatz fertig und wir konnten uns unter dem Sonnenschirm immer wieder schöne Pause gönnen. Für Café, Kuchen einem herrlich schmackhaften Grillfest stand ab sofort nichts mehr im Wege. Eine Besonderheit ganz allein für uns am Wochenende war die Hauseigenen Eisdiele für uns beide. Jürgen fuhr mit der Vespa in die Stadt um bei Lazzara ein leckeres italienisches Eis zu holen, und dann war es im neuen Gartenlook wie wenn Weihnachten, Ostern, Geburtstag und sonstige Feste alle auf einmal zusammenfielen. Unterm Sonnenschirm, Beine hoch, Sonnenbrille auf der Nase, Musik aus dem Smartphone, ein leckerer bunter Eisbecher voll mit Schokoladeneis, Himbeeren, Mango und natürlich Sahne als Krönung, dazu einen herrlichen Espresso, das war das Köstlichste was wir uns immer vorgestellt hatten und jetzt war es endlich soweit. Eine eigene Eisdiele zu Hause….