Das tägliche Einerlei kennt jede Hausfrau und jeder Hausmann. Doch wie diese Angelegenheit einigermaßen gut und sogar noch genussvoll überstanden werden kann, dazu mehr in meiner heutigen Geschichte.
Wohlgemerkt, ich bin oder nenne mich zwar Hausfrau, … aber diese allzeit zu verrichtenden Fähigkeiten sind mir lästig. Meistens drücke ich mich erfolgreich, um mich anderen viel interessanteren oder wie ich es nenne sogar Wichtigerem zuzuwenden. Dabei finde ich für mich immer sehr gute Ausreden, die Hausfraulichen Pflichtübungen so gering wie möglich, nein mehr noch, weitgehend zu umgehen. Diese Tatsache koste ich selbstverständlich in vollen Zügen aus. Man tut Nur! Notwendiges wird erst dann erledigt, wenn es gar nicht mehr anders geht, und Auszeiten bei den Tätigkeiten sind vorprogrammiert. Wirklich erledigt werden die Dinge erst zu dem Zeitpunkt, wenn eine Schlechtwetter Periode sich ankündigt, wenn das kleine Teufelchen auf meiner Schulter mich nervt, oder ich nach und nach ein schlechtes Gewissen bekomme, das mir selbstverständlich irgend ein Neider geschickt hat, oder sogar einredet. Dann stehe ich fit und im Power Modus, bereits am frühen Morgen gegen 5:30 Uhr auf der Matte, sämtliche verfügbare Putz-Utensilien fein säuberlich zurechtgelegt und wirble bis zur Erschöpfung durch Haus und Garten, möglichst gleichzeitig noch dem Entsorgungswahn verfallen.
Ja, habe ich dann so einen oder gar mehrere putzwütende Tage hinter mich gebracht, beginnt das Spiel von vorne. Nur noch täglich anfallende wichtige Arbeiten werden bis auf weiteres erledigt und der Versuch Hausfrauliches zu Gunsten von Liebgewordenem auszutauschen bekommt wieder die Oberhand. Dann bekomme ich einen der vorderen Plätze im Drückeberger-Club. Nur schlechtes Wetter oder vielleicht nicht mehr Aufschiebbares oder gar Langeweile bringen mich dazu, diesem sogenannten „Hobby,“ wie ich Hausfrauliche Tätigkeiten scherzhaft bezeichne, etwas Abzugewinnen.
Ja, dann war es wieder einmal soweit. Was auch immer mich veranlasste vermehrt über so eine arbeitsreiche Situation nachzudenken, weiss ich nicht mehr. Es ereilte mich dann an einem dieser Tage, die überhaupt nicht für dreierlei Arbeiten gemacht waren, unaufschiebbare hausfrauliche Fähigkeit von mir einzufordern, weil zum einen plötzlich eine nicht angekündigte Schlechwetterperiode sich einstellte und ausgiebig festsetzte, zum anderen irgend einer meiner „stillen Mitbewohner“ sich einen Scherz erlaubte, etwas in die Brüche gehen zu lassen und dabei eine „Sauerei“ veranstaltet, dass ich gezwungenermassen zu Schaufel, Handfeger, Staubsauger, Eimer und Lappen greifen musste. Noch etwas verärgert überfiel mich aus heiterem Himmel der Gedanke, bevor ich mich als Bodenpersonal betätige eine Stärkung zu mir zu nehmen, und selbiges mit einem herrlichen schmackhaften Espresso zu tun. Gesagt getan!
Mit diesem inzwischen fest verankerten Gedanken ereilte mich fataler weise das Schicksal gleich nochmal. Ich kredenze mir einen Espresso …., glaubte ich zumindest! Doch in dem Augenblick als ich unsere Kaffeemaschine betätigen wollte, fiel mein Blick auf den aus Sorrent mitgebrachten italienischen Kaffeebrüher der in herrlich leuchtendem rot das Regal in der Küche verschönerte und mich so nebenbei ein wenig verlegen anlächelte, als hätte er meine Gedanken lesen können. Dieses kleine Kaffeegerät war eigentlich mehr oder weniger als Dekoration gedacht gewesen, aber zeitweilig kam es natürlich auch zum Einsatz. Wenn auf der Herdplatte die rote Dampfmaschine lustvolle Geräusche in meiner Küche ertönen liess, war Adriano Celentano mit seinem italienischen Sempre der Held in meiner Cucina, lange bevor der Duft dieses herrlichen Espressos in die Becher gefüllt wurde. Ein Freudentag für Magen und Nase zugleich. Also holte ich die kleine Kaffeemaschine aus dem Regal und begann sie auseinander zuschrauben, während mir blitzartig durch den Kopf ging, das wäre doch die Kaffeegeschichte für meinen Blog. Der Kauf dieses kleinen Souvenirs war damals etwas ganz besonderes gewesen und die Kleine Rote hatte es verdient, dass ich ihr eine Geschichte widme.
Beflügelt von dem Gedanken bald einen herrlich duftenden Pausenfüller in meinen Händen zu halten und das geschmackvolle Aroma in mich einzuziehen, entfernte ich notdürftig die zu Bruch gegangenen Scherben, stellte Besen und Schaufel an den Platz zurück und nahm die kleine rote „Maschine“, um sie wie in früheren Jahren, mit Wasser zu füllen. Die restlichen Teile schraubte ich wieder zusammen wollte sie eben auf dem Herd stellen, als mir klar wurde für diese Zeremonie fehlt mir noch etwas entscheidendes. Gedanklich hatte ich bereits das schlürfende Geräusch im Ohr und den Duft in der Nase, der mich geradezu beflügelte die einzelnen Schritte nochmal durchzugehen, als ich bemerkte das Kaffeepulver fehlt und überhaupt…das ist doch das Wichtigste. Lange schon hatte ich das Teilchen nicht mehr in Gebrauch gehabt. Was für ein Spass oder eine Blamage.
Ich konnte es noch immer nicht fassen. Ich war dabei dieses Souvenir aus Sorrent wieder zum Leben zu erwecken.
Bevor es aber jetzt einen Kaffee geben konnte, musste ich mich erst einmal wie schon gesagt um Kaffeepulver kümmern, denn soweit ich wusste, hatte ich nur ganze Bohnen im Hause. Das sind die Tücken, wenn man für den Alltagsgebrauch eine moderne Kaffeemaschine mit Siebträger besitzt, dann muss man die Bohnen zuerst von Hand malen um aus ihnen das köstliche Getränk zuzubereiten. Kaffemühle heisst das Zauberwort. Aber zaubern konnte ich noch nicht. Doch ein Haus verliert nichts, heisst es so schön und irgendwo steht die alte HolzKaffeeMühle meiner Mutter zur Dekoration. Aber wo? das war die Frage. Wo hatte ich sie nur abgestellt ?
Endlich kommt Omas alte Kaffeemühle wieder zum Einsatz. Wie alt die wohl sein mag? Soweit ich mich erinnere ist sie mehr als 77 Jahre alt. Die Bemalung habe ich einmal gemacht, als die braune Lasur abblättere und sie inzwischen nicht mehr schön aussah. In einem Regal sollte sie uns noch erfreuen, das wir sie jemals noch benützen würden, konnte ich mir nicht vorstellen. Gesucht, gefunden, Bohnen einfüllen und los kann es gehen. Erst jetzt wurde mir bewusst wie mühsam dieser Mahlvorgang früher war, wieviel Zeit benötigt wurde, wieviel Muckis man braucht um einigermaßen gute Ergebnisse zu bekommen. Dann war es soweit, Pulver gemahlen Wasser eingefüllt, Herd angestellt, Becher angewärmt und geduldig auf das wohlbekannte Geräusch, dieser „kleinen Rotznase zu warten. Herrlich ein Schluck Nostalgie!
Während das zusammen und mit Wasser und Pulver gefüllte Maschinchen seine Arbeit auf dem Herd aufgenommen hatte und ich mich unendlich auf die Tasse freute, fand ich mich plötzlich in meiner Erinnerung in dem kleinen Laden in jener Gasse in Sorrent wieder, dort wo mein Mann im Schaufenster dieses kleine Gerät entdeckt hatte.
Wir betraten den mit vielen Spielsachen, Kartons, Puppen, Sandalen, Badesachen, Wäsche und natürlich einem nicht fehlenden Aufpassender Katze des Hauses den vollgestopften Laden. Unsere Augen mussten sich zuerst an die Dunkelheit gewöhnen, bevor wir in einer der hinteren Ecken zwischen dem aufgetürmten Utensilien für Haushalt, etwas Geschirr und einer uralten Ladenkasse einen alter Mann auf einer Kiste sitzen sahen. Vor sich eine Tasse Espresso und ein Stück Weißbrot in der Hand. Neben ihm lag eine halb angerauchte Zigarre in einer großen Keramikschale. Er war nur Silhouettenhaft in der Dunkelheit zu erkennen.
„ Hallo ist hier jemand, rief mein Mann. “ Langsam etwas nach vorne gebeugt kam der Alte schlürfend aus dem Hintergrund hervor, während er einige für uns unverständliche Worte vor sich hin murmelte. Während die Katze uns aus den halb geschlossenen Lidern uns nicht aus den Augen lies, ging meine Mann zurück zur Türe um dem Inhaber im Schaufenster das kleine rote Gerät zu zeigen. Jetzt hatte man plötzlich das Gefühl der Mann sei aus einem langen Mittagsschlaf erwacht. Espresso sagte er deutlich und laut und während er zwischen Strümpfen und Unterwäsche aus einem Regal einen kleinen braunen Karton hervor zerrte redete er ununterbrochen auf uns ein. Ich verstand immer nur Espresso, Aqua, Caldo und irgend etwas von Quinque .. Er bemühte sich uns in die Kunst dieser kleinen Maschine einzuweisen und begann das Teil auseinander zuschrauben und wortreich wieder zusammen zu bauen, genau immer wieder darauf zu achten, dass wir verstanden wie wir das Gerät handhaben müssen um ein wohlschmeckendes Getränk daraus zu erhalten. Als er geendet hatte schaute er mein Mann fragend an. Dieser nickte ihm freundlich zu und zog seine Geldbörse aus der Tasche. Jetzt verpackte der Mann liebevoll wie einen kostbaren Schatz das Teil, verschnürte es noch und wir bezahlten. Das Rückgeld ließ er dem Mann. Dieser ein wenig stutzig geworden, bedankte sich überschwänglich und wollte eben wieder im hinteren Teil des Ladens verschwinden, den wir gerade verlassen wollten, als er zurückkam, meinem Mann die Hand auf dem Arm legte und ihn aufforderte zu bleiben. Ich verstand wieder nur Bahnhof. Wir blieben stehen und ich flüsterte .. „was hat der Mann gesagt.“ Mein Mann meinte nur wir sollten warten.
Es verging geraume Zeit als der Alte im Schlepptau hinter sich mit einer weißhaarigen sehr attraktive Dame zurückkehrte. Zunächst konnten wir gar nicht erkennen was hier vor sich ging. Die Dame nahm von einigen mit rotem Samt bezogenen Sesseln die Verkaufsgegenstände, legte blitzschnell eine Decke darauf und bat uns mit einer Handbewegung dort Platz zu nehmen. Dann trat ihr Mann zu uns und reichte jedem von uns einen dieser roten Becherchen gefüllt mit Espresso und einem winzigen Gebäck dabei. Wir waren total überrascht und leicht beschämt über soviel Gastfreundschaft. Dann zeigte uns der Mann seine kleine schon ziemlich abgegriffene Kaffeekanne, genau so wie wir sie eben bei ihm gekauft hatten. Seine, wie er meinem Mann erklärte hatte er und die Signora schon viel Jahre im Gebrauch.
Wir waren beeindruckt und überwältigt, von diesen beiden Menschen und auch von der wundervollen Geste. Dieses Erlebnis beschäftigte uns jedesmal aufs neue wenn wir die kleine Rote in Gebrauch nahmen. Es war eines der wundervollsten und beeindruckenden Stunden dieser Reise im Mai 2014.