Von einer Insel, wundervollem Kulturgut und herrlichen Leckereien (4)

Ein Inseltag im Sommer (4)

Wie, war doch gleich der berühmte Satz aus Schillers Wilhelm Tell? wir kennen ihn alle, „durch diese hohle Gasse….“ Eine hohle Gasse ist das nicht, aber ein wirklich schöner Streckenabschnitt, der mich erwartete, als ich das Strandbad hinter mir lassend den Seeweg weitergehe. Kann das sein, frage ich mich, keine Menschenseele auf diesem herrlichen Streckenabschnitt. Der Blick auf den See war unglaublich. In der Ferne ließ sich schon der Hegau erahnen, dem seine Vulkankegel wie unter einem leichten Hitzeschleier in den blauen Sommerhimmel ragten, als wollten sie die Sonne in sich einziehen.

Hinter mir an einer breiten Wegkreuzung standen die Richtungsschilder. Wiederholt eine Ansammlung von Gewächshäusern die im Augenblick übervoll mit herrlichen Tomaten, Zucchini, Gurken ja, sogar Wassermelonen waren, gaben den Blick frei. Für kurze Momente war ich überwältigt, von dem Gedanken mit welcher Ausdauer und Inbrunst hier auf der Insel unsere Gemüse angebaut werden. Und das, wie man nachlesen kann schon seit unendlich vielen hundert Jahren. Nicht zuletzt waren die Mönche die, welche erkannten was in diesem wundervollen Klima alles gedeihen und angebaut werden konnte. Ja, es ist wahrlich eine REICHE AU. Name verpflichtet, könnte man sagen.

Ordnung muss sein! Die leuchtenden orangefarbenen Schilder sind ein Segen, denn ohne diese würde ich an mancher Kreuzung nicht mehr weiter wissen und müsste vielleicht auch einen Teil des Weges wieder zurück gehen, um in eine andere Richtung weiterzulaufen. Was mich an diesen Fotos reizte war die Farbgebung des grünen Abfallbehälters und dem orangefarbenen Schild.

Der Teilbereich des Sees der sich jetzt vor mir auftut nennt sich auf der Karte Untersee oder Gnadensee. Der Seeteil erreicht hier doch allemal eine maximale Seetiefe von 19 Metern und hat insgesamt eine Fläche von 13 Quadratkilometern.

Nur mal so nebenbei. Ich weiss der Plan sieht nicht gerade einer Insel würdig aus. Aber überlegt euch mal ihr seid bei etwas über 30 Grad Aussentemperatur einen Tag lang zusammengefaltet in einer Hosentasche. Werdet gelegentlich mal nach draußen geholt um die Orientierung für den Fußmarsch nicht zu verlieren, anschließend erneut zusammengefaltet um wieder in der Versenkung zu verschwinden…Ich glaube ihr würdet auch ein wenig zerknittert in die Welt blicken.

Wir befinden uns am westliche Teil des Bodensees der zwischen Allensbach im Norden, der Insel Reichenau im Süden liegt, im Westen reicht er bis zur Halbinsel Mettnau, die zu Radolfzell gehört, und am östlichen Ende grenzt er an das Naturschutzgebiet Wollmatinger Ried an, von wo aus der Damm auf die Reichenau führt. Die Pappelallee ist weithin sichtbar und gehört für mich auch zu einer Art Wahrzeichen der Insel. Der äußerste kleine Teil im Nordwesten des Gnadensees nennt sich Markelfinger Winkel, benannt nach dem Ort der hier am Ufer liegt.

Ja, Gnadensee? Weswegen heisst dieser Teilbereich Gnadensee? Diese Frage beschäftigte schon viel Menschen. Besonders die Gelehrten, die sich auch nicht ganz einig sind, aber am wahrscheinlichsten dies so erklären, das Kloster das als Marienkloster galt, vom Namen Gnadenfrau abgeleitet wurde und für „gnädige Mutter Maria“ stand.

Trotzdem bleibt nicht aus, dass eine Legende weiterhin im Vordergrund steht, die allerdings durch Nachweise nicht eindeutig belegt werden kann. Vielleicht aber in Ansätzen auch etwas von der Wirklichkeit der damaligen Zeit beinhaltet. Vermutlich so heisst es stammt der Name Gnadensee aus einer Zeit, als die Gerichtsbarkeit auf der Reichenau angesiedelt war. Wurde ein Angeklagter zum Tode verurteilt, konnte die Vollstreckung nicht auf der Insel ausgeführt werden, da diese Heiliger Boden war. Der Verurteilte wurde somit in einem Boot aufs Festland in Richtung dem heutigen Allensbach gebracht, wo das Urteil vollstreckt werden konnte. Wenn nun für den Verurteilten doch noch eine Begnadigung von Seiten des Abts ausgesprochen wurde, ließ dieser bevor das Boot das andere Ufer erreichte eine Glocke läuten. Damit wurde dem Henker auf dem Festland signalisiert, dass der Verurteilte Begnadigt war. Eine durchaus schöne Legende, die vielleicht doch auf eine Art und Weise zutrifft, aber auf gewisse geschichtliche und Kirchliche Vorkommnisse dieser Zeit hindeutet.

Und dann traf ich auf ein Phänomen, bei dem ich erst zu Hause näheres in Erfahrung bringen konnte. Was ein Ried war, wusste ich, aber RiedWiesen oder Streuwiesen wie sich der Bereich nannte kannte ich nicht. Dieser historischer mitteleuropäischer Nutzungstyp ist eine artenreiche FeuchtWiese mit Nährstoff armem Boden die traditionell einmal im Jahr gemäht werden. Die Fläche beherbergt ungefähr 70 verschiedene Pflanzenarten pro Quadratmeter und zahlreiche Kleintiere und Vögel und dient als Einstreu für Viehställe. Nasses Grünland wird auf Grund des geringen Futterwerts als dieses bevorzugt und ist das Relikt einer historischen Nutzungsform. Es wird durch Förderprogramme und Naturschutzverbände erhalten. Leider sind diese FeuchtWiesen heute durch allzu intensive Landnutzung- Praktiken bedroht.

Unterschiedliche Vogelarten teilweise in anderen Gebieten kaum noch zu finden, oder Schmetterlinge Amphibien Heuschrecken, besonders der Kiebitz und das Blaukehlchen finden wir noch dort. Ziemlich beeindruckt ging ich weiter, denn das nächste Historische Kulturgut wartete in entsprechender Entfernung schon auf mich. Dazu mehr in der nächsten Erzählung.

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